Nordic Strays: Tierschutz in Kroatien und Bosnien-Herzegowina

Nordic Strays mit Straßenkatzen in Kroation

Jedes Tier ist ein Meisterwerk – so lautet das Credo des deutschen Tierschutzvereins Nordic Strays, der in Kroatien und Bosnien-Herzegowina Katzen und Hunde von der Straße rettet. Katzen-Liebe hat mit der zweiten Vorsitzenden ein großes Interview geführt. Julia kommt aus Regensburg und liebt Katzen von klein auf. Seit 2015 engagiert sie sich für Tiere in Not und steht jetzt exklusiv für Katzen-Liebe Rede und Antwort.



Großes Tierschutz-Interview mit Nordic Strays

Katzen-Liebe: Nordic Strays setzt sich für Straßenkatzen und -hunde in Kroatien und Bosnien-Herzegowina ein. Seit wann? Und wie seid ihr auf das Tierleid in diesen beiden Ländern aufmerksam geworden?

Julia: Viele von uns sind bereits seit vielen Jahren im Tierschutz tätig und haben das Tierleid in Kroatien und Bosnien-Herzegowina am eigenen Leib miterlebt, zum Beispiel im Urlaub und auf Tierschutzreisen. Wir haben deshalb einige Kontakte zu Tierschützern vor Ort und so haben sich im Laufe der Zeit zwei Kooperationen gefestigt: in Split und Kotor Varoš, den beiden Städten, auf die sich Nordic Strays mit seiner Tierschutzarbeit seit der Vereinsgründung Anfang 2022 fokussiert. In diesen beiden Städten – leider wie in vielen anderen auch – gibt es sehr viel Bedarf, Hilfe zu leisten.

Katzen-Liebe: Welche Art von Hilfe kann Nordic Strays aus der Ferne für die Katzen und Hunde leisten?

Julia: Obwohl die Distanz von Deutschland nach Kroatien und Bosnien-Herzegowina recht groß erscheint, sind wir vom Geschehen gar nicht so weit entfernt. Wir fahren mindestens einmal jährlich einen großen Spendentransport zu unseren Kooperationspartnern und sind privat etliche Male im Jahr vor Ort. Zu den Tierschützern haben wir dadurch eine sehr gute, vertrauensvolle Beziehung aufgebaut, die es uns ermöglicht, wirkungsvolle Projekte umzusetzen. Wir updaten uns gegenseitig fast täglich über unsere vierbeinigen Schützlinge, aktuelle und kommende Projekte. Außerdem helfen wir unseren Partnern organisatorisch sowie finanziell mit Geld- und Sachspenden und unterstützen sie tatkräftig bei der Tiervermittlung.

Durch die Spendenpower aus Deutschland haben wir bisher etliche Kastrationskampagnen umgesetzt und Tieren ein sicheres Zuhause geschenkt. Wir arbeiten hart an unserem Ziel, den Hunden und Katzen in Split und Kotor Varoš ein besseres Leben zu ermöglichen.

Katzen-Liebe: Wie ist es um die Kooperationsbereitschaft mit Tierschützern vor Ort bestellt? Gibt es Unterschiede zwischen Kroatien und Bosnien-Herzegowina?

Julia: Die Kooperationsbereitschaft der Tierschützer, mit denen Nordic Strays zusammenarbeitet, ist sehr hoch. Ihnen ist das Problem der Tier-Überpopulation bewusst und sie wissen, wie wichtig Kastrationen und Aufklärungsarbeit für nachhaltigen Tierschutz sind. Das Problem sind leider die Einheimischen, die mit Tierschutz bisher nichts am Hut hatten und für die Tiere auf die Straße gehören. Andere tierliebe Menschen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina haben oft nicht die finanziellen Mittel, um ihre Katzen und Hunde kastrieren zu lassen.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Situation in beiden Ländern sehr ähnlich ist: viele eigensinnige Menschen mit fehlendem Feingefühl für den Tierschutz. Trotz alledem ist die Lage unserer Ansicht nach in Kroatien etwas besser als in Bosnien-Herzegowina. An der kroatischen Küste boomt der Tourismus. Urlauber und zugezogene Ausländer tragen zur Aufklärung im Tierschutz bei und bringen das Geld ins Land, das unsere Tierschützer vermehrt für Katzen und Hunde aufbringen können. In Bosnien-Herzegowina ist die Situation eine andere: Die Bevölkerung ist ärmer, der Lebensstandard hinkt hinter der EU her und die Auswirkungen des Balkankriegs sind immer noch zu spüren: Ruinen, verlassene Häuser und ein Land, das sich weiterhin im Aufbau befindet.

Straßenhunde in Bosnien-Herzegowina
Straßenhunde in Bosnien-Herzegowina, Foto: Nordic Strays

Katzen-Liebe: Ist Nordic Strays wegen der Straßentiere auch in Kontakt mit lokalen Behörden? Sind überhaupt staatliche Hilfsmöglichkeiten vorhanden?

Julia: Nordic Strays arbeitet gerade daran, beide Gemeinden auf das Tierleid aufmerksam zu machen. Leider haben wir festgestellt, dass der Widerstand bei dem Thema sehr groß ist. Die Politiker sind meist der Meinung, dass die Straßentiere zum Stadtbild gehören und es ihnen gut ginge. Ihnen ist die Wichtigkeit des aktiven Tierschutzes nicht bewusst. In manchen kroatischen und bosnischen Gemeinden werden Kastrationen aber bereits bezuschusst. Eines der großen Ziele von Nordic Strays ist, die Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken und es so zu schaffen, dass lokale Behörden und die Gemeinden aktiv mithelfen. Die Mühlen laufen aber langsam – nichtsdestotrotz sind wir uns unseres Einflusses bewusst und setzen gerade einige Sachen um.

Katzen-Liebe: Warum hat sich Nordic Strays ausgerechnet für Tierschutzaktionen in Split und Kotor Varoš entschieden? Hunde- und Katzenleid ist überall in Kroatien und Bosnien-Herzegowina präsent.

Julia: Wenn man auf die ganze Welt schaut, sieht man in jedem Land Tierleid. Um nachhaltig helfen zu können, muss man sich auf spezielle Städte fokussieren. So haben wir die Entscheidung getroffen, in Split und Kotor Varoš zu helfen, da wir dort sehr starke Kooperationspartner haben und wir wissen, dass jede Hilfe zu 100 Prozent ankommt. Leider ist es im Tierschutz nicht selbstverständlich, verlässliche Partner an seiner Seite zu haben.

Katzen-Liebe: Welches ist bisher euer größtes Erfolgserlebnis beim Tierschutz in Kroatien und Bosnien-Herzegowina gewesen?

Julia: Unser größter Erfolg ist nicht ein einzelnes Erlebnis, sondern die Tierschutzarbeit von Nordic Strays insgesamt. Wir sind wahnsinnig stolz darauf, dass wir in Split so viele Katzen kastrieren können. Außerhalb der Urlaubssaison werden vier Katzen pro Tag kastriert, was für uns eine enorme Leistung ist.

Außerdem haben wir es mit der Hilfe unserer Kooperationspartnerin Svjetlana in Kotor Varoš geschafft, den Tierschutz populärer zu machen. Früher wurden Hundewelpen ihrem Schicksal überlassen, getötet oder ausgesetzt. Mittlerweile wird sie informiert, sobald ein Hund in Not gesichtet wird. Es scheint nur eine kleine Veränderung zu sein, aber für Nordic Strays ist das ein riesengroßer Erfolg. Es bedeutet, dass unsere Bemühungen Früchte tragen und sich langsam, aber sicher die Situation verbessert. Es ist weiterhin ein sehr langer Weg, aber wir tun alles dafür, das Leid der Hunde und Katzen zu reduzieren.

Kastrationsaktionen in Split durch Nordic Strays
Straßenkatze beim Tierarzt in Kroatien, Foto: Nordic Strays

Katzen-Liebe: Gab es auch einen besonders schlimmen Moment?

Julia: Schlimm ist immer der Moment, wenn man Hunde und Katzen zurücklassen muss oder Vierbeiner sterben. Notfellchen, um die man gekämpft hat, die es nicht mehr geschafft haben, angefahrene Tiere auf der Straße, für die jede Hilfe zu spät kam, misshandelte Tiere … Die Liste ist endlos! Bei jedem dieser Schicksalsschläge müssen wir uns immer einen kurzen Moment sammeln und dürfen uns von der Trauer nicht unterkriegen lassen.

Katzen-Liebe: Wie können tierliebe Menschen Nordic Strays unterstützen? Welche Hilfe benötigt ihr im Moment am dringendsten?

Julia: Für unsere Projekte wie Kastrationskampagnen und Aufpäppeln der Straßentiere benötigen wir immer dringend finanzielle Unterstützung. Nordic Strays hat beispielsweise die Möglichkeit der Fördermitgliedschaft oder Patenschaft. Bei der Fördermitgliedschaft wird einmal im Jahr ein fixer, individuell wählbarer Betrag gespendet. Immer zum Jahresbeginn bekommen alle Fördermitglieder eine große Update-Mail über alles, was im vergangenen Jahr bei uns umgesetzt wurde. Bei der Patenschaft wird alle drei Monate gespendet und dann eine Patenmail mit allen Updates über die aktuellen Patentiere verschickt. Eine Patenschaft kann auch verschenkt werden.

Wer die finanziellen Mittel nicht hat, der kann uns auch Sachspenden wie Transportboxen, Hunde- und Katzenfutter, Spielzeug, Geschirre und Halsbänder zukommen lassen. Außerdem spielt Reichweite in den sozialen Medien bei Nordic Strays eine wichtige Rolle. Jeder Like und geteilter Beitrag hilft uns, unsere Message nach draußen zu bringen und noch mehr Menschen Tierschutz in Kroatien und Bosnien-Herzegowina aufzuklären.

Katzen-Liebe: Zum Abschuss noch eine triviale Frage: Warum nennt ihr euch Nordic Strays? Der Name weckt Assoziationen mit Skandinavien.

Julia: Diese Frage bekommen wir tatsächlich öfters gestellt. 😊 Wir haben lange nach einem passenden Namen gesucht, denn es gibt schon viele Tierschutzvereine mit „Streuner“, „Pfoten“ oder „Paws“ im Namen. Unser Vereinssitz ist in der Nähe von Hamburg, also in Norddeutschland und unsere Kooperationspartnerin in Kotor Varoš ist im Norden von Bosnien-Herzegowina.

So kam der Gedanke auf, den Verein „North Strays“ zu nennen. Da jedoch viele Leute Probleme mit der th-Aussprache haben, sind wir auf Nordic Strays gekommen. Der Bezug zu Skandinavien liegt nahe – jedoch sind wir genau in der entgegengesetzten Richtung tätig. 😊 Außerdem wollten wir es es für unsere Kooperationspartner in Kroatien und Bosnien-Herzegowina leichter machen, den Verein auszusprechen und haben uns deswegen für einen englischen Namen entschieden.

Gerettete Straßenkatzen aus Kroatien
Gerettete Straßenkatzen, Foto: Nordic Strays

Spenden für den Tierschutzverein

Liegt es dir am Herzen, den Tierschutz in Kroatien und Bosnien-Herzegowina zu unterstützen? Spielst du vielleicht mit dem Gedanken, eine gerettete Straßenkatze oder einen Hund zu adoptieren? Auf der Website von Nordic Strays kannst du dich ausführlich über die unterschiedlichen Hilfsmöglichkeiten und die Tiervermittlung informieren. Um immer über die Tierschutzarbeit von Julia und ihren Kollegen auf dem Laufenden zu bleiben, solltest du Nordic Strays auf Instagram folgen. (as)

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